Flex zählt weltweit zu den absolut führenden Unternehmen für Produktdesign und -herstellung. Beim Ausbau seiner Produktion setzt der Global Player seit 38 Jahren auf die Unterstützung durch Systemlieferant Ersa.

Anwenderbericht | Erschienen in: EPP 06/2019
Autor: Marcel Buck
Flex zählt weltweit zu den absolut führenden Unternehmen für Produktdesign und -herstellung. Beim Ausbau seiner Produktion setzt der Global Player seit 38 Jahren auf die Unterstützung durch Systemlieferant Ersa. Jüngst machte sich eine komplette VERSAFLOW 3/45 Selektivlinie mit automatischer Hub- und Senkstation sowie automatischer optischer Inspektionseinheit (AOI) auf die Reise nach Zalaegerszeg in Ungarn. Vielen bekannt als beliebte Urlaubsregion nicht weit vom Plattensee, findet man dort auch eine echte Hochburg der Elektronikfertigung.
Ständig steigende Anforderungen an die Maschinenverfügbarkeit und insbesondere die Qualitätssicherung der fertig gelöteten Produkte, wie sie schon lange im Reflowlöten bekannt sind, kommen verstärkt auch im Selektivbereich zum Einsatz. Was höchste Flexibilität – kombiniert mit hoher Maschinenverfügbarkeit, schnellen Taktzeiten und einer minimalen Fehlerrate – angeht, führt kein Weg an der VERSAFLOW vorbei. Doch wie lässt sich dokumentieren, dass die genannten Eigenschaften tatsächlich konstant vorhanden sind? Um auch hier eine zuverlässige Lösung anbieten zu können, hat Ersa das AOI (automatische optische Inspektion) unter der Bezeichnung VERSAEYE im Produktportfolio, das jetzt auch bei Flex in Ungarn zum Einsatz kommt. Auf den ersten Blick sticht ins Auge, dass das AOI direkt ins Maschinengehäuse integriert ist. Das vereinfacht die Prozessverriegelung erheblich, da bei einem durchgängigen Maschinengehäuse zwischen Löten und Inspizieren zu keiner Zeit eine Leiterplatte vertauscht werden kann.
Gute Lötstellen, schlechte Lötstellen
Positives Bild der Leiterplatte
Aus diesem Grund gibt es ein einfaches Vorgehen zur Programmerstellung. Für die Inspektion sind zwei unterschiedliche Methoden der Bildverarbeitung möglich. Die erste Möglichkeit ist „Pattern Matching“. Hier wird ein Positivbeispiel eines Bildes eingelernt, bei jeder weiteren Leiterplatte wird dann nach exakt diesem Bild gesucht. Wird das eingelernte Bild gefunden, ist das Inspektionsergebnis „good“. Das funktioniert zuverlässig bei SMD-Baugruppen, hat bei THT-Lötstellen aber einen gravierenden Nachteil: SMD-Bauteile haben von der Geometrie und den Maßen stets den gleichen Körper. Bei einer THT-Lötstelle hingegen kann sich der Pin je nach Lochdurchmesser frei bewegen und ist im Normalfall nicht mittig zentriert. Daher gibt es noch die zweite Möglichkeit der Bildverarbeitung – das sogenannte „Histogramm“, bei dem in einem durch den Bediener bestimmten Inspektionsbereich nach farbigen Pixeln gesucht wird. Die Toleranzgrenzen zur Bildverarbeitung können beim Histogramm eng gesetzt werden und basieren dadurch nicht auf eingelernten Bildern, sondern auf einer zustandsorientierten Entscheidung. Sind in einem definierten Inspektionsbereich genügend Pixel im gewählten Toleranzbereich vorhanden, wird das Ergebnis als „good“ gespeichert. Unabhängig davon, in welcher Richtung sich der Pin befindet. Bemerkenswert beim Histogramm ist die 24-bit-Farbtiefe, die ein detailgetreues Bild wiedergibt und dadurch eine äußerst differenzierte Inspektion ermöglicht.
Offline-Erstellung eines AOI-Inspektionsprogramms
Das Inspektionsprogramm wird erstmals an einer nicht bestückten und ungelöteten Leiterplatte erstellt. Hier sind alle notwendigen Informationen wie Pad- und Lochgröße direkt zu sehen. Nachdem alle Toleranzgrößen zum Klassieren der Gut- bzw. Schlechtteile in das Programm eingegeben sind, wird es Zeit für einen ersten Inspektionsdurchgang mit einer fertig bestückten und gelöteten Leiterplatte. Im Normalfall werden schon hier ohne langwieriges Auffinden und Nacharbeiten der Prüfmuster die Fehler von den guten Lötstellen zuverlässig unterschieden. Das spart Zeit und Nerven. Die Programmerstellung erfolgt direkt an der Anlage. Aus der Praxis ist bekannt, dass bei hohem Produktionsdruck nicht so viel Zeit an der Anlage verbracht werden kann. Daher kann ein komplettes AOI-Inspektionsprogramm offline, ganz ohne Anlage erstellt werden. Damit wird zu keiner Zeit die Produktion verzögert.
Über eine mögliche MES-Anbindung des Kunden werden die „good“ und „NG“-Ergebnisse der Inspektion dorthin gesendet und sind dann zur Nachverfolgung und auch für Folgeprozesse einsehbar. In jedem Fall ist aber eine Rückverfolgbarkeit über den Reparaturarbeitsplatz möglich. Durch einen Handscanner wird der DataMatrix-Code (DMC) in die Software eingelesen und direkt das zugehörige Ergebnis aus der Datenbank abgerufen. Über ein „good“ freut sich der Bediener am meisten, aber auch ein NG (not good) ist einfach nachvollziehbar. Mit Hilfe eines Fadenkreuzes wird dem Bediener die Position des vermeintlichen Fehlers gezeigt. Dann kann direkt durch die spezielle Ansicht der acht Seitenkameras eine 360°-Rundumsicht eingesehen werden. Ohne Begutachtung der Leiterplatte per Lupe ist der Fehler zuverlässig lokalisiert.
Krisztian Kuzma ist Chefingenieur für die neue Produktionslinie mit dem integrierten AOI und zuständig für den reibungslosen Ablauf.
Ersa: Krisztian, nach der fünftägigen AOI-Schulung könnt ihr jetzt alles (AOI, Offline-Programmierung, Reparaturarbeitsplatz) selbständig bedienen – wie empfindet ihr die Bedienung?
Krisztian Kuzma: Nach meiner Erfahrung ist die Hardware robust, einfach zu warten und scheint Fehler leicht zu erkennen. Ich denke, es wird uns in Zukunft sehr weiterhelfen. Die Software sieht intuitiv aus, was sich bei der Programmierung bestätigt. Ich verstehe, wie das System funktioniert – nur den Prozess des Debuggings finde ich aktuell noch kompliziert. Das wird sich mit zunehmender Erfahrung legen. Hilfreich ist auch, dass wir bei späteren Fragen zur Leiterplatte jederzeit Zugriff auf alle Daten haben.