Über Jahrzehnte galt die Reparatur von Baugruppen – insbesondere hochpoliger SMT-Bauteile – als ein kritischer, schwer beherrschbarer und zufälliger Prozess.

Fachbeitrag | Erschienen in: productronic 11/2016
Autor: Jörg Nolte
Über Jahrzehnte galt die Reparatur von Baugruppen – insbesondere hochpoliger SMT-Bauteile – als ein kritischer, schwer beherrschbarer und zufälliger Prozess. Seither haben Anwender und Hersteller von Reworksystemen dazugelernt und Reproduzierbarkeit und Zuverlässigkeit in erheblichem Maße gesteigert. Mit dem Hybrid-Reworksystem HR 550 von Ersa hat die Baugruppenreparatur das ungeliebte Nischendasein endgültig verlassen.
Die Herausforderungen in der Baugruppenreparatur sind seit jeher gleichbleibend, aber die Toleranzfelder für zulässige Abweichungen werden kleiner. Sind die Temperaturen oder Temperaturabweichungen auf der bearbeiteten Baugruppe zu hoch, kann es zu Schädigungen von Platine oder Bauteil kommen. Diese leidvolle Erfahrung hat jeder gemacht, der schon einmal einen BGA hat entlöten müssen und dafür kein adäquates Werkzeug zur Verfügung hatte. Die hohen Prozesstemperaturen von 230 °C bis 240 °C bleifreier Lote verringern das Toleranzband zu einer maximal zulässigen Bauteiltemperatur von typischen 260 °C. Ein modernes Reworksystem muss und kann die geforderte Maximaltemperatur im Prozess einhalten. Gleichzeitig bringen die zunehmende Miniaturisierung und neue Gehäuseformen immer neue Fragen in der Reparatur und Nachbearbeitung auf: Wie lassen sich neue Bauteilformen handhaben und wie Flussmittel oder Lotpaste entsprechend auftragen? Größtmögliche Flexibilität und Modularität im Aufbau der Geräte geben hier wichtige Antworten.
Präzise Temperaturkontrolle und Bauteilplatzierung
Bauteilausrichtung mit Livebildern
Unter dem Begriff Computer Aided Placement (CAP) sind alle Funktionen zusammengefasst, die den Anwender mit Methoden der Bildverarbeitung unterstützen: Werden Bauteile ausgerichtet, sind in den Livebildern die Bauteilanschlüsse (rot) und Anschlusspads (grün) virtuell eingefärbt. Der Benutzer erkennt die optimale Überlagerung von Anschlüssen und Landeflächen durch eine blaue Farbgebung. Ein weiteres Hilfsmittel ist eine digitale Split-Optik, um die Bauteilausrichtung zum Beispiel bei sehr großen QFP zu erleichtern.
Darüber hinaus lässt sich mittels Rotationsverstellung und X-Y-Mikrometerverstellung jedes Bauteil exakt auf seine Zielposition ausrichten. Für den Anwender besonders erfreulich ist die ergonomisch günstige Anordnung der Bedienelemente an der Vorderseite des Gerätes. Die Bauteile werden nach der Ausrichtung von einer im Heizkopf integrierten, hochgenauen Vakuumpipette abgesetzt. Beim Entlöten hebt dieselbe Pipette die Bauteile schonend von der Platine ab. Heizkopf und Vakuumpipette werden von je einem präzisen Schrittmotor angesteuert. Ein integrierter Kraftsensor erkennt den Kontakt zur Platine während das Bauteil platziert wird.
Softwareplattform mit Benützerführung
Das Hybrid-Reworksystem 550 verfügt auch über die neuentwickelte Softwareplattform HR-Soft 2, die eine sehr gute Übersichtlichkeit und funktionale Gliederung aufweist. Alle Prozess-Schritte eines Rework-Vorgangs werden logisch dargestellt und lassen sich dadurch einfach konfigurieren und ausführen.
Die Benutzerführung (Enhanced Visual Assistant, EVA) leitet den Anwender von der Auswahl des Lötprofils zum Entlöten eines Bauteils sowie der anschließenden Ausrichtung und Platzierung des neuen Bauteils bis hin zum abschließenden Einlöten. Das System unterstützt den Auftrag der Lotpaste auf das Bauteil wahlweise mittels einer Print- Schablone oder einem Flussmittel-Dipp-In-Prozess. Dabei werden alle Reworkvorgänge mit den zugehörigen Löt- oder Entlötparametern dokumentiert und archiviert, sodass die Rückverfolgbarkeit aller Reparaturprozesse sichergestellt ist.